Spiridonwertung 2.0

Punkteberechnung


Kompakt:

  1. Ermittlung eines Altersfaktors (in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht und Wettkampfdisziplin)
  2. Berechnung einer hypothetischen Vergleichszeit, die im leistungsstärksten Altersbereich von 20 – 30 Jahren erzielt werden könnte
  3. Vergleichszeit wird in Relation zum jeweiligen Weltrekord gesetzt und als Prozentangabe dargestellt (100 % entspricht einem Weltrekordniveau)
  4. Umrechnung auf die Spiridon-Skala von 0 – 1200 Punkte (50% entspricht 0 Punkten, 100% entspricht 1200 Punkten)

Es besteht ein enger Zusammenhang zur LSF-Leistungsbewertung: Nur Schritt 4 wird zusätzlich durchgeführt, um eine Vergleichbarkeit mit der ursprünglichen Spiridonwertung zu ermöglichen.


Detaillierte Erläuterung:

Die Spiridonwertung begleitet die Laufsportfreunde nun schon seit vielen Jahren. In dieser vereinseigenen Wertung geht es im Kern darum, eine faire und vergleichbare Bewertung von Wettkampfleistungen von Läuferinnen und Läufer unterschiedlichen Alters, vom Jugendbereich bis hin zum Masterbereich durchzuführen.

Dazu wurden die erreichten Wettkampfzeiten ursprünglich zunächst in Relation zu den aktuellen Weltrekordzeiten für Frauen oder Männer auf der jeweiligen Strecke gesetzt. Dies bedeutet für eine 10.000m-Wettkampfzeit von 40 min im Frauenbereich beispielsweise:

29:01,03 min / 40:00,00 min ≈ 72,5 %

Für eine Weltrekordzeit erhält man die Maximalpunktzahl 1200 Punkte, während ab der doppelten Weltrekordzeit, in diesem Beispiel also ab ungefähr 58 Minuten, 0 Punkte vergeben werden. Leistungen zwischen diesen beiden Randwerten werden linear skaliert. Damit ergibt sich für unsere Beispielläuferin die folgende vorläufige Punktezahl:

(72,5 % – 50 %) / 50% * 1200 ≈ 541

Für Jugend- und Masterläuferinnen und -läufer (unter 19 und über 26 Jahre) wird nun ein altersspezifischer Bonusfaktor bestimmt und die vorläufige Punktezahl wird mit diesem im nächsten Schritt multipliziert.

Ist unsere Läuferin beispielsweise 46 Jahre alt, so wird der Bonusfaktor 1,1 verwendet und sie erreicht die folgende finale Punktezahl:

541 * 1,1 ≈ 595

(die bisherige Berechnungsweise wird hier zum leichteren Verständnis
in leicht vereinfachter Form durchgeführt)

Für die Spiridon-Gesamtwertung werden die höchsten Punktezahlen von maximal fünf verschiedenen Wettkampfdistanzen aus einem vorgegebenen Streckenkatalog addiert. Dieser Streckenkatalog beinhaltet momentan eine Auswahl von unterschiedlichen Wettkampfstrecken, angefangen von der Mittelstrecke 800 m bis hin zur Ultradistanz 100 km.

Mehr als ein Vierteljahrhundert nach Einführung der Spiridonwertung im Jahr 1997 zeigte sich zunehmend, dass die technische Basis im Hintergrund von einer Überarbeitung profitieren könnte. Diese Überarbeitung fokussierte sich zunächst auf Aspekte wie Benutzerfreundlichkeit, Automatisierbarkeit, Kollaborationsmöglichkeit und Erweiterbarkeit.

Daneben bot sich vor allem aber auch die Gelegenheit, die Methodik der Spiridonwertung weiterzuentwickeln und Beobachtungen aus den vergangenen Jahren dabei zu berücksichtigen. Beispielsweise schien eine Überarbeitung der Bewertung für ältere Läuferinnen und Läufern notwendig, insbesondere für Fälle, in denen die erzielten Wettkampfzeiten das Doppelte der jeweiligen Weltrekordzeit überschritten. Denn erreicht eine 70-jährige Läuferin beispielsweise eine 10000m-Zeit von 59 min erhält sie hierfür die Punktezahl 0. Noch extremer wird der Fairnessgedanke strapaziert, wenn für bestimmte Altersklassen-Weltrekordzeiten aus dem Jugend- und Masterbereich in unserer vereinseigenen Wertung nur die Punktezahl 0 vergeben wird.

Derartige Konstellationen stellen nur einen Beobachtungsaspekt dar, die eine grundlegende Weiterentwicklung sinnvoll erscheinen lässt. Die wesentlichen Aspekte dieser Überarbeitung und Erweiterung der Bewertung von Wettkampfergebnissen sollen im Folgenden vorgestellt werden. Die neue Bewertungsmethodik wird auch mit dem Begriff Spiridonwertung 2.0 (oder kurz: Spiridon 2.0) bezeichnet, um sie von der ursprünglichen Methodik abzugrenzen.

Eine zentrale Anpassung stellt zunächst die Veränderung der Reihenfolge der Bewertungsschritte dar: Zukünftig wird zunächst die erreichte Wettkampfzeit über sogenannte Altersfaktoren angepasst, sodass eine rechnerische Vergleichszeit ermittelt wird, die die Läuferin oder der Läufer hypothetisch im typischerweise leistungsstärksten Altersbereich, also im Alter von etwa 20 bis 30 Jahren erreichen würde.

Die Wettkampfzeit von 40 min unserer Läuferin aus dem obigen Beispiel entspricht also der folgenden rechnerischen Vergleichszeit, wenn wir einen Altersfaktor für diese Wettkampfdistanz von 90,77 % ansetzen:

40:00,00 min * 90,77 % ≈ 36:18,48 min

Hier einige weitere Erläuterungen zu diesem zentralen Berechnungsschritt: Eine Läuferin im Alter von 46 Jahren erreicht über die 10.000m-Distanz typischerweise 90,77 % des Leistungsniveaus einer Läuferin im leistungsstärksten Altersbereich. Anders ausgedrückt: Eine Läuferin, die auf ihrem Leistungshöhepunkt in der Hauptklasse eine Zeit von 36:18,48 min erreicht hat, wird typischerweise im Alter von 46 Jahren über diese Wettkampfdistanz eine Zeit von 40 min erzielen.

Die zur Umrechnung notwendigen Altersfaktoren und die bisher verwendeten Bonusfaktoren hängen konzeptionell sehr eng zusammen. Für die neue Bewertungsmethodik greifen wir allerdings zukünftig auf eine umfangreiche Referenz von Altersfaktoren zurück, die von World Masters Athletics veröffentlicht wurden (für den Mastersbereich) bzw. von der USA Track and Field Federation anerkannt wurden (für den Jugendbereich). World Masters Athletics hat zur Berechnung dieser Altersfaktoren und damit zur generellen Modellierung der Leistungsentwicklung von Masterathleten auf eine sehr umfangreiche Basis von ca. 2.800.000 Wettkampfergebnissen zurückgegriffen und diese zuletzt 2023 aktualisiert. Neben den Einflussfaktoren Alter und Geschlecht wird dabei als weiterer Einflussfaktor zusätzlich noch die Wettkampfdistanz berücksichtigt, da sich die Leistungsentwicklung auf verschiedenen Wettkampfdistanzen mit zunehmendem Alter zum Teil deutlich unterscheidet. Zusammengefasst kann mithilfe dieser Altersfaktoren die typische Leistungsentwicklung von Jugend- und Masterläuferinnen und -läufern noch präziser als bisher dargestellt werden.

Kommen wir nach diesen Erläuterungen nun auf die weitere Bewertungsmethodik für unsere Läuferin zurück. Die rechnerische Vergleichszeit von ungefähr 36:18 min wird im nächsten Schritt in Relation zum aktuellen Frauenweltrekord auf dieser Strecke gesetzt und als Prozentangabe dargestellt:

29:01,03 min / 36:18,48 min ≈ 79,92 %

Diese Darstellung als Prozentangabe im Bezug zum aktuellen Weltrekordniveau (nach Altersnivellierung) stellt unsere neue zentrale Basisbewertung dar. Vorteile bestehen im Vergleich zur bisherigen Skala von 0 bis 1200 Punkten in ihrer einfacheren Interpretierbarkeit und der bereits bestehenden Etablierung über unseren Verein hinaus. Sie stellt beispielsweise bei World Masters Athletics einen zentralen Bewertungsmaßstab dar und wird dabei als Age Graded Performance bezeichnet, sie wird aber beispielsweise auch bei Ergebnissen der Parkrun-Bewegung als sogenannte „alterskorrigierte Leistung“ angegeben. Zahlreiche webbasierte Tools erlauben ebenfalls die Durchführung einer solchen Leistungsbewertung und -einordnung (siehe beispielsweise [1] und [2]), allerdings mit teilweise unterschiedlichen zugrundeliegenden Altersfaktoren. Darüber hinaus erlaubt diese Herangehensweise eine sinnvolle Leistungsbewertung aller erzielten Wettkampfergebnis, auch für Fälle, in denen die aktuelle Weltrekordzeit um mehr als das Doppelte überschritten wird.

Um die Einordnung von Wettkampfergebnissen weiter zu erleichtern, hat sich eine Zuordnung zu unterschiedlichen Leistungsniveaus etabliert:

Leistung Niveau
≥ 90% Weltklasse
≥ 80% National
≥ 70% Regional
≥ 60% Lokal
< 60% (keine Zuordnung)

 

Im vorhergehenden Beispiel erreicht die Läuferin ein Ergebnis von 79,92 % und wird somit dem Leistungsbereich „Regional“ zugeordnet, erreicht aber schon fast das Leistungsniveau „National“.

 

  Bisher: Zukünftig:
Alter Spiridonpunkte Spiridonpunkte Leistung  Niveau
5 747 1160 98.3% Weltklasse
10 435 511 71.3% Regional
15 261 281 61.7% Lokal
20 221 231 59.6%
25 221 231 59.6%
30 223 231 59.6%
35 230 231 59.6%
40 243 275 61.4% Lokal
45 261 339 64.1% Lokal
50 285 408 67.0% Lokal
55 314 483 70.1% Regional
60 349 565 73.5% Regional
65 389 655 77.3% Regional
70 435 754 81.4% National
75 486 864 86.0% National
80 543 987 91.1% Weltklasse

Vergleich der bisherigen und zukünftigen Spiridon- und Leistungsbewertung am Beispiel einer Wettkampfleistung im 5km-Straßenlauf von 21:30 min im Männerbereich

Vergleich der bisherigen und zukünftigen Spiridonwertung am Beispiel einer Wettkampfleistung im 5km-Straßenlauf von 21:30 min im Männerbereich

Typische Spitzenergebnisse der vergangenen Jahre in unserem Verein liegen meist im Leistungsbereich „National“, allerdings ist Verena Vogt (44) mit ihrer herausragenden Zeit von 35:12 min über die 10km-Distanz bei der DM in Leverkusen vor Kurzem sogar in den Bereich „Weltklasse“ vorgedrungen.

Beide Angaben, also Prozentangabe mit Bezug zum aktuellen Weltrekordniveau und der zugeordnete Leistungsbereich, werden zukünftig zusammen mit den erreichten Wettkampfergebnissen aufgeführt werden.

Gleichzeitig soll eine Fortführung der Bewertung auf der ursprünglichen Skala (0 – 1200 Punkte) für die traditionelle Spiridonwertung durchgeführt werden. Dies dient dazu, einen abrupten Methodikbruch zu vermeiden und eine gewisse Vergleichs- und Integrationsmöglichkeit mit den historischen Ergebnissen zu schaffen. Dazu werden die Prozent-basierten Bewertungen der neuen Methodik in einfacher Weise reskaliert, wobei ein Prozentwert von 50 % einer Wertung von 0 Punkten und 100 % einer Wertung von 1200 Punkten entspricht.

Dies bedeutet für unsere Beispielläuferin, dass ihre Leistungsbewertung von 79,92 % folgendermaßen umgerechnet und für die Spiridonwertung genutzt wird:

(79,92 % – 50 %) / 50% * 1200 ≈ 718

Es ergibt sich in diesem Beispiel eine deutlich höhere Punktzahl im Vergleich zur bisherigen Wertung (595). Je nach konkreter Wettkampf- und Athletenkonstellation ergeben sich unterschiedlich große Abweichungen nach unten oder oben, die besonders mit zunehmendem Alter typischerweise deutlich größer werden. Verschiedene Konsistenzbetrachtungen und exemplarische Vergleiche zeigten allerdings, dass die Beobachtungen aus den vergangenen Jahren durch diese Methodikweiterentwicklung in angemessener Weise berücksichtigt werden können und die wahrgenommene Fairness der Bewertung tendenziell zunimmt. Ein ähnliches Vorgehen wird auch für die Bahncup-Wertung genutzt.